Sonntag, 10. Februar 2008

Selten so gelacht

Ich bin gerade aufgewacht. Das ist an sich noch nix Besonderes, denn das passiert mir so gut wie jeden Tag mindestens ein Mal. Nichtsdestotrotz ist das Aufwachen nach einem Alptraum immer etwas qualitativ Bemerkenswertes. Meist wacht man nach dem größten Schrecken auf, gelegentlich aber auch erst ein bisserl später (sozusagen nach dem Abspann), selten aber vor dem Schrecken. Kloar, sonst wärs ja kein Alptraum. Heut wars aber kein bizarres Horrorszenario, welches meinen Schlaf jäh unterbrach, sondern leider etwas recht Realistisches und weiteres Kopfzerbrechen Verursachendes.

Ein paar Ziele hab ich noch im Leben. Irgendwann amal Komposition studieren. Oder ein Kabarett schreiben und auf die Bühne bringen. Wenn der geneigte Leser jetzt in schallendes Gelächter ausbricht, ist mir das nicht ganz unrecht. Schließlich bin ich noch nicht in der Lage, mir aussuchen zu können, ob mein zukünftiges Publikum im oder übers meinige Kabarett lacht. Ich betrachte das also als indirekte Starthilfe. Allerdings gab der nun endlich folgende Alptraum meinem Wunsch wieder einen gewissen Dämpfer.

Ich stehe auf der Bühne, voller Saal von der Größe eines Vindobona, einer Kulisse oder eines Audimax. Es war garantiert weder Generalprobe noch Premiere, denn dann hätte das Publikum wohl etwas fehlertoleranter reagiert. Es kommt, wie es kommen muss: Ich verhaspel mich im Programm, weiß in einer Nummer, bei der ich irgendwas am Klavier tun sollte, überhaupt nimmer weiter, stehe minutenlang vor dem Klavier mit dem Rücken zum Publikum, versuche zu improvisieren. Interessanterweise heiß ich die ganze Zeit "Vitasek" - der spricht zwar auch ständig vom Scheitern, hat aber das Scheitern immerhin schon so weit perfektioniert, dass das Publikum dieses als beabsichtigte Kunstform ansieht. In meinem Fall ernte ich Schmährufe, die Zuschauer werfen mir hämisch deren eigene Wuchteln und Textbausteine entgegen, um mich erkennen zu lassen, dass sogar jeder Trottel das Programm besser fortführen könnte als ich. In meiner panischen Verzweiflung versuche ich, die Leute zu weiteren Zwischenrufen zu animieren und das ganze als geplante Aktion meinerseits aussehen zu lassen. Die Stimmung wird jedoch immer aufgeheizter und aggressiver, und als mich dann die ersten beiden Semicornettos von der Bühne prügeln wollen, trete ich die Flucht nach vorne an und verkünde ins Mikrofon, dass diese Nummer so dilettantisch konzipiert war, man sich hier nicht bei einem Schenkelklopferabend wähnt, sondern auf einer Kleinkunstvorstellung befindet, im Falle des Nichtgefallens gerne das Eintrittsgeld an der Kasse rückerstattet haben könne, aber man mich bitte (hauptsächlich körperlich) in Ruhe lassen möge. Der Saal leert sich, es bleibt der Möchtegern-Vitasek mit einer zerstörten Illusion. Ein Zuschauer kehrt noch zurück und gibt gute Ratschläge, die Freundin tröstet unsereins. Blackout - oder besser gesagt: Whiteout, da man ja nach der Nacht erwacht.

Schon oft hatte ich im "echten" (Ansichtssache) Leben Deja vus der dritten Art. Im allgemeinen hat man bei Deja vus das Gefühl: Mah, des hob i doch scho amoi gseng, gheart, gspiat, ton... Meine Deja vus sind jedoch zum überwiegenden Teil Szenen, die ich schon mal erträumt habe. Nun war diese Nacht auch einiges an Unrealistischem - Hornissennester im Gelmantel -, Akzeptablem - ein Hurrikan, bei dem etliche Leute nur deswegen davonfliegen, weil sie zu dämlich zum Festhalten sind - und schlicht Saublödem - Palatschinken aus Trinkgläsern essen - im Traum-Potpourri, was mich im Alltag nicht sonderlich bekümmern würde. Aber ich muss ja meine Träume auch nicht herausfordern, indem ich mich justament auf eine Bühne stell, um von dieser im besten Fall gebuht zu werden.

Ich werd wohl meine Zukunftswünsche etwas umgestalten müssen. Eintausender ohne Sauerstoffflasche erklimmen zum Beispiel. Oder Touristen am Stephansplatz erklären, dass das zu ihrer Linken die Votivkirche ist, und dass ihr Stadtplan leider einer jener bedauerlichen Fehldrucke ist, die uns Einheimischen das Leben schwer... obwohl, wenn ich mir Prügel einfangen will, könnt ich doch gleich auf die Bühne... seufz.

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