Mittwoch, 7. Oktober 2009

The Sound of Music

An einem gewissen Punkt im Leben ändert sich der Geschmack. Nein, zur Abwechslung keine Abhandlung über die gereifte Lust auf Rhabarber und Artischocken - sooo alt bin ich nun auch wieder noch nicht. Es geht heute um Musik. Klar ist mir bewusst, dass es tatsächlich ein schleichender Prozess ist, dass einem sukzessive immer weniger gefällt, was "heutzutage" so im Radio gespielt wird oder was "die Jugend von heute" als "Musik" bezeichnet. Aber ich glaube, wenn ich, wie ich es so gern tue, mein persönliches Leben Richtung Allgemeinheit extrapoliere, dass es da sehr wohl einen Knackpunkt gibt - nämlich jenen, wenn einem das alles bewusst wird.

Wie gesagt, es ist ein Prozess: Man dreht immer öfter ab oder wechselt den Sender, wenn gewisse Liederchen im Radio oder Fernsehen (vereinzelt solls ja noch sowas wie wirkliche Musiksender geben) angespielt werden. Man blickt in die Charts - ob die aktuellen oder die des vergangenen Jahres - und wird erstmals an Position 47 halbwegs fündig. Man kann den Würgereflex in der Öffentlichkeit nur unzulänglich verbergen, wenn man einen mit seinen frisch heruntergeladenen Klingeltönen herumspielenden pubertierenden Rotzlöffel passiert. Und plötzlich denkt man sich: Heutzutage spielts nur mehr Müll, früher hats noch Musik gegeben...

In meinem Fall bezieht sich das "Früher" auf die 80er. Aber das war nicht immer so. Ich stamme aus einem Elternhaus, bei dem obiger Würgereflex schon um einiges früher ansetzte. Wenn mich mein Erinnerungsvermögen nicht gar trübt, gab es bei uns folgende musikalische Auswahl: Harry Belafonte, Mario Lanza, deutsche Vulgäropernsänger a la Rudolf Schock - sowie das unvermeidliche Duo Peter, nämlich Kraus und Alexander. So viel zum postklassischen Teil unserer heimischen Musikauswahl. Ich konnte problemlos etliche Beethoven-Symphonien auswendig mitträllern - von jenen Sängern und Gruppen aber, die meine Volksschulklassenkollegen so anhimmelten, wusste ich gerade mal, wie man sie (richtig) schreibt.

Später, inmitten der 90er, hab ich das alles relativ rasch nachgeholt. Völlig richtig: Pubertät. Ich hab mit 14, 15 stundenlang MTV und VIVA geschaut und -hört, oft bis spät in die Nacht hinein, etliches auch auf Videokassetten archiviert - und wenn meine Mutter ins Zimmer kam, unmerklich den Kanal gewechselt, um mir abfällige Kommentare zu ersparen, was ich mir nicht für einen Mist anschau und -hör. Als ich endlich, in den späten 90ern und frühen Nullern, Internet und Soundkarte in einem Computer vereinigen konnte, dauerte es nicht lange, und ich lernte auch (und dann vor allem) die 80er kennen, schätzen und lieben. Und mit der vermehrten Vergleichsmöglichkeit kam dann alsbald die Erkenntnis: Heutzutage spielts nur mehr Müll, früher...

Aber das stimmt eben auch nicht so ganz, und jetzt verschwimmen die zeitlichen Trennschichten endgültig: Was ich damals in den 90ern alles gehört habe... was ich damals so manches selber als "Musik" bezeichnet habe... - Ja, es macht sich nachträglich ein bisschen Würgereflex bemerkbar.

1 Kommentar:

Claudia hat gesagt…

Da kann ich dir nur 100%ig zustimmen.

Haben aus Nostalgiegründen die Bravo-Hits 10 sowie Bravo Best of 94 und 95 mit ins Auto genommen (Fahrt nach Kitzbühel).

Bedenklich, was uns damals gefallen hat...

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