Montag, 18. Juni 2007

Alltag

Es sind so diese Tage. Man steht auf, duscht sich, schlägt sein Kind, verabschiedet seine Frau. Verbringt den halben Tag in der Arbeit, zwischen Missachtung und Rausschmiss pendelnd. Kommt heim, begrüßt seine Frau, schlägt sein Kind, isst Abend und legt sich ins Bett. Gewiss, es würden sich auch noch andere freudige Momente im Tagesablauf finden, aber so ist es nun mal im Großen und Ganzen. Man freut sich mit jedem Arbeitstag mehr aufs Wochenende, wo man endlich wieder mehr Zeit haben wird, sein Kind zu schlagen.

Man fährt ja bewusst nicht mehr mit dem eigenen Auto. Nicht wegen des Klimaschutzes, sondern weil man sich in der U-Bahn seinen eigenen Gedanken entspannter widmen kann. Und weil man im Waggon so viele Kinder sieht, die man gern schlagen würde. Aber man kann nicht, ohne im Lokalteil der ortsüblichen Tageszeitung der Nachwelt erhalten zu bleiben. Diskriminierend heutzutage, denkt man sich. Dabei ist es gar nicht so schwer, wie man glauben möge. Wie oft hat man versucht, sich der Volkshochschule als Seminarleiter anzubieten? Sie wollten nicht. Erst ignorierten sie, dann kamen beleidigende Antworten. Verbrecher heißen sie einen, drohen sogar mit Anzeige. Alles nur, weil man selbstlos sein will. Den Leuten helfen will, ihre Hemmungen fallen zu lassen. Netzwerke bilden will. Man kann doch nicht immer das eigene Kind schlagen. Die Menschen brauchen Abwechslung, die Kinder brauchen Abwechslung.

Mit dem Internet ist alles Gott sei Dank viel einfacher geworden. So hat man auch seine Frau gefunden. Sie war sofort Feuer und Flamme - endlich ein eigenes Kind! Bislang war sie ja nur Tante. Irgendwann wollte der Bruder seine Tochter ihr nicht mehr anvertrauen. Nicht nachvollziehbar, da gerade Tante Erika geübt war, Kinder besonders schonend zu schlagen. Das hat man ihr nun endlich abgewöhnen können. Einen herberen Schlagstil beigebracht. Die Traumfrau schlechthin, eine Seelenverwandte.

Nur das Kind spielt in letzter Zeit immer weniger mit. Wird aufmüpfig, spricht von Polizei, von Gefängnis, von Ausziehen in zwei Jahren, wenn es volljährig ist. Die Frau meint, vielleicht sollte man mal mit ihm reden...

Schwachsinn, bislang hats doch auch funktioniert.

1 Kommentar:

MJerry hat gesagt…

Als Kommentar möchte ich noch hinzufügen, dass es schon seinen Sinn hat, dass der ganze Text kursiv veröffentlicht wurde. Meinetwegen isses provokant, meinetwegen isses krank, aber ich habs mal mit ein wenig Kunst versucht.

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