Montag, 19. April 2010

Samstag, oder: Der Unvollendete

Ein Textfragment von Dezember 2007 (oder noch früher; die Datei trug das Änderungsdatum 2007-12-17). Ein Wehklagen eines Außengebliebenen, das nicht viel von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Samstagabend, daheim. Keiner hat Zeit – oder besser: keiner, bei dem nicht von vornherein schon klar war, dass er seinen Samstag mit seinem Partner verbringt. Oder keiner will sich Zeit nehmen. Wo sind die guten, alten Zeiten hin? Damals, als man ohne mit der Wimper zu zucken zumindest dreimal wöchentlich auf jeden Fall 300 Schilling – oder nachher 30 Euro – zum Fenster rausgeschmissen und in hochprozentiges Anlagegut investiert hat, und der Samstag nicht irgendein Tag war, sondern ein Feiertag, an dem es garnicht denkbar gewesen wäre, in seinen eigenen vier Wänden zu versauern. Als zwar auch schon manche Pärchen Pärchen waren, aber immerhin noch so weit nicht angerostet wie jetzt, immerhin noch für jeden Spaß zu haben, Hauptsache er ist teuer, berauschend und man hat länger was davon, wenn man nicht die Kloschüssel trifft. Nicht mehr jetzt. Mittlerweile ist der Samstag lediglich ein Puffertag zwischen dem Freitag, an dem jedem von der Woche ermattet die Augen spätestens um 10 zufallen, und dem Sonntag, der eigentlich auch nur insoweit taugt, als der darauffolgende Montag schon grinsend beim Fenster hereinlugt. Mittlerweile sind fast schon die katholischen Feiertage in der Überzahl, verglichen mit jenen Feiertagen, an denen man wieder mal eine zünftige Runde zusammenbekommt, die verlässlich erscheint und nicht schon wieder geht, bevor sie überhaupt gekommen ist. Treffen zu vereinbaren gerät zu einer organisatorischen Meisterleistung, die jeden Tourplan umhertingelnder Bands in den Schatten stellt. „Na ich weiß nicht, da muss ich zuerst sie/ihn fragen...“ - wenn man am selben Tag noch einen Anruf erhält, kann man sich den Tag rot im Kalender markieren. Rückruf bei Nichterreichbarkeit? SMS beantworten? Wozu? Der wird doch eh merken, wenn man nicht kommt! Professor Elmayer könnte wochenlang Seminare über „Sitte und Anstand im 21ten Jahrhundert“ restplatzlos füllen.

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